Noch heute hält sich hartnäckig die Vorstellung, es habe bis weit ins 20. Jahrhundert hinein kaum Künstlerinnen gegeben – insbesondere kaum Bildhauerinnen. Namen wie Käthe Kollwitz, Renée Sintenis oder Milly Steger werden meist als rare Ausnahmen genannt, ähnlich wie Paula Modersohn-Becker oder Gabriele Münter in der Malerei. Oft werden sie als „solitäre Erscheinungen“ beschrieben und in Ausstellungsgeschichten in den Schatten ihrer männlichen Kollegen gerückt. Die Kabinettausstellung »Keine Freundin von…« im Gerhard-Marcks-Haus in Bremen stellt sich entschieden gegen diese Sichtweise und lenkt den Blick neu auf eine bislang übersehene Generation von Bildhauerinnen.
Im Mittelpunkt steht Hanna Koschinsky (1884–1939), eine Künstlerin, die mit freiem Blick und sicherem Gespür für plastische Form am Puls der Moderne arbeitete. Ihre Werke fanden zu Lebzeiten Beachtung an europäischen Hotspots der Bildhauerei, doch ihr Name verschwand bald aus der öffentlichen Wahrnehmung. Die Ausstellung entfaltet um Koschinsky herum ein Netzwerk von Bildhauerinnen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts selbstbewusst und eigenständig künstlerische Positionen formulierten – fern von Zuschreibungen als „Schülerinnen“ oder „Gefährtinnen“. »Keine Freundin von…« ist damit auch ein Beitrag zur kunsthistorischen Gerechtigkeit: Sie zeigt, dass weibliche Bildhauerei längst vor der Mitte des Jahrhunderts eine prägende Rolle spielte.